Wie so manches bei der ersten Ausstellung im Birsfelder Museum nach der Sommerpause in letzter Minute zu stande gekommen ist, hier mit leichter Verspätung die Einführung durch und von Jean Pierre Borrini. Der Autor besteht auf den Begriff Einführung. Er lehnt den Begriff “Laudatio” ab.
Vernissage im Museum Birsfelden. 13.08.2022
Einführung von Jean-Pierre Borrini in die Ausstellung von
Fernando Keller, Fred Spillmann und Gordon d’Arcy
“Das ist irgendwie ganz typisch für Fernando Keller; er wollte hier nicht einfach allein ausstellen. Er hat dazu Arbeiten mitgenommen von zwei langjährigen Freunden, welche seine eigene Präsentation ganz prima ergänzen. Nämlich Fred Spillmann und Gordon d’Arcy
Aber zuerst zu Fernando Keller.
Diese Ausstellung im Birsfelder Museum ist für Fernando eine absolute Herzensangelegenheit. Das merkt man.
Hier spannt er einen grossen Bogen über seine künstlerische Tätigkeit als Maler,
Er nimmt uns mit über den ganzen zeitlichen Rahmen und durch alle stilistischen Richtungen und Formen seiner künstlerischen Arbeit.
Apropos zeitlicher Rahmen: Eine Gruppe von Zeichnungen im Obergeschoss sind wohl seine allerersten Arbeiten überhaupt; entstanden als Skizzen für spätere Ölbilder, und das bereits schon im Jahre 1966 während seinem Aufenthalt in Berlin.
Kleinformatige Arbeiten finden sich immer wieder in seinem Oeuvre und sind entsprechend auch in diesen Räumen vertreten.
Gerade in diesen Papierarbeiten zeigt sich seine Vielfalt an Ausdrucksweisen!
Hier als Beispiel die liebenswürdigen Aegina-Bilder, in denen er farbliche Einschlüsse im handgeschöpften Papier spielerisch in seine Motive einschliesst.
Dort die Zeichnungen mit Einstrich-Männchen und Weibchen, oder auch nur Einstrich-Köpflern, welche seit vielen Jahren immer wieder bei ihm auftauchen.
Immer wieder überraschend, wie er diese Figuren irgendwie zum Leben bringt. Mal tanzen sie allein, mal zusammen, oder sie vergnügen sich eben anderweitig.
Kommen wir dann zu den hier gezeigten Gemälden in verschiedenen Formaten.
Wir finden darin eine enorme Spannweite in Technik, Malstil und Ausdruck. Trotzdem ist auf jedem Bild die deutliche Handschrift von Fernando klar erkennbar.
Hier tauchen sie auch wieder auf die Strichmänner, nun aber gross und mit deutlich grösserem Anspruch an unsere Aufmerksamkeit.
Ganz besonders in dieser Schau auch die grossartigen, surrealistischen Gemälde. Voller Power, im Motiv und in der Farbgebung. Einige dieser Bilder sind schon aus einer sehr frühen Phase seiner Arbeit, haben aber nichts verloren an erzeugter Spannung und Attraktion.
Neuere Werke fügen sich nahtlos in diese frühere Gruppe von Bildern ein.
Steine sind eigentlich schon von der Natur geschaffene Skulpturen. Fernando nimmt, wie er einmal sagte, die kalte Ästhetik von Steinen auf und gibt sie spielerisch wieder. Aber wie er das macht: überzeugen Sie sich selbst. Zum Beispiel auf dieser ganz neuen Arbeit, wo ein roter Farb-Fluss sich magisch durch die Steine schlängelt….
Überhaupt; oft tauchen bei ihm Steine in irgend einer Form auf. Wir finden sie als antike Säulen, in Form von Stelen, Sockeln oder Podesten.
Oder bei zwei Gemälden: Ganz raffiniert bilden Steinoberflächen eine Art Mosaik, in welche sich Gesichter oder Figuren wie ganz natürlich integrieren.
Das führt uns zu weiteren Höhepunkten in der Ausstellung und überhaupt in der Arbeit von Fernando Keller:
Seine Goldbilder. Wie schafft er das nur?
Die Motive auf seinen Goldbildern sind in Gold, Silber, oder Kupfer gehalten. Auf den ersten Blick stehen diese auf einem schwarzen oder weissen Hintergrund. Bei genauer Betrachtung ahnt man etwas von der raffinierten und aufwendigen Maltechnik welche der Künstler hier einsetzt.
Im ersten Stock finden wir grossartige Beispiele dieser Werkgruppe.
Zwei Formate mit einer überbordenden Ansammlung von Körperteilen, von ganzen Personen, allein oder interaktiv, in gemeinsamem Tun. Erotische Anspielungen fehlen dabei selten.
Immer wieder tauchen auch einige Fabelwesen auf. Dazwischen die schon erwähnten antiken Säulen, ergänzt durch Phantasie-Pflanzen oder Blätter.
Unsere Augen und unsere Phantasie verlieren sich völlig in diesen Darstellungen.
Überhaupt: Bilder von Fernando kann man immer wieder und auch lange anschauen, um vielleicht etwas mehr darin zu verstehen.
Er hat sie aus dem Herzen gemalt. So darf man sie auch sehen. Man muss sie wahrscheinlich nicht verstehen.
Fernando nennt seine Bilder auch gerne seine Kinder. Das sagt doch sehr viel aus über ihn als Kunstschaffenden und seine Beziehung zum Werk.
Das führt uns weiter zu Gordon d’Arcy
Im südlichen Afrika werden man Bodenschätze allgemein und Edelsteine gefördert.
Gordon d’Arcy kam ursprünglich aus Simbabwe und war wohl als Maler so ein «ungeschliffener» Edelstein der Kunst.
Um Geld zu verdienen für seinen Aufenthalt in Südfrankreich, hat er in der Nacht Bilder gemalt um sie am folgenden Tag auf der Strasse zu verkaufen. Einfach so.
Das Zeichnen und Malen hat er sich autodidaktisch angeeignet.
Nach und nach, stark gefördert und motiviert von Fernando Keller hat er in einem ganz subtilen und manchmal fast explosiven Stil gemalt.
Später kamen dann auch Collagen dazu Die hier ausgestellten Bilder sind nur ein kleiner Aus- und Querschnitt durch sein Schaffen.
Auf Papierarbeiten sehen wir Menschengruppen die nicht eindeutig aussagen, um was es sich wirklich handelt. Vielleicht Afrikanische Markt-Szenen, Musik- und Tanzgruppen, oder sogar Fasnachtscliquen?
Beachten wir auch seine besonders schönen Gemälde mit Darstellungen von Tanz-Szenen. Feine, zauberhafte Momente aus Ballettszenen, aber vor einem so bewegtem, dynamischem Hintergrund dargestellt, dass man meint, die Musik mitschwingen zu hören.
In der derzeitigen Kunstszene finden Künstler vom Afrikanischen Kontinent zunehmend an Beachtung und Bedeutung.
Gordon d’Arcy war dieser Entwicklung schon voraus. Leider hatte er nicht genug Zeit, uns noch länger mit seiner Kunst Freude zu machen. Er starb schon mit 59 Jahren.
Die hier gezeigte kleine Auswahl an Arbeiten ist repräsentativ für seine Arbeit und fügt sich wunderbar in Ausstellung ein.
Sie ist eine freundschaftliche Hommage an Gordon.
Fred Spillmann
Fernando und Fred verbanden eine langjährige Freundschaft. Auf einer kleinen Zeichnung schreibt Fred; mon ami, le peintre.
Fred der Couturier der Basler Haute-Volee und stadtbekannter, lustvoller Ästet hat den damals jungen Fernando in seinem Werdegang sicher ganz stark inspiriert und beeinflusst.
Er hat seine Mode-Kreationen in Zeichnungen festgehalten. Diese bleiben als schöne Erinnerung an einen berühmten Basler und hochkreativen Menschen.
Auf einigen Blätter sind auch Muster der Stoffe aufgeklebt, welche Fred für seine Modelle speziell herstellen liess.
Fernando kümmert sich fürsorglich um diesen Nachlass, um die Erinnerung an «Fredy» nicht verblassen zu lassen.
Der Bogen dieser Schau führt uns zu einem Buch mit dem Titel PASSAGE D’ART
Es wurde konzipiert, gestaltet, fotografiert und montiert von Ule Troxler, dem Cousin von Fernando Keller.
Dieses liebevoll und technisch professionell gestaltete Buch ist ein Kunstbuch, aber was für eines. Es ist wohl einzig in seiner Art und einfach eine supertolle Idee:
So kam es dazu:
Die beiden Basler Künstler Peter Baer und Fernando Keller hatten 2019 in diesem Haus zusammen eine grossartige Ausstellung.
Ule Troxler hat die gezeigten Werke fotografiert und lässt sie nun in einem Buch nochmal aufleben.
Jetzt aber optisch ganz raffiniert integriert in eine bekannte Basler Ladenpassage.
Auf Neudeutsch würde mal dazu wohl sagen: mega cool.
Die Bücher sind verfügbar. Viel Spass beim Anschauen,
An der Stelle unbedingt ein paar Worte zum Museum Birsfelden.
Zusammen mit meiner in Birsfelden geborenen Ehefrau habe schon ein paar Ausstellungen in diesem Haus gesehen und wir freuen uns immer wieder über die schönen Räume und wie diese liebevoll und professionell für interessante Ausstellungen genutzt werden. Kompliment an die Leitung und das ganze sympatischeTeam.
Lassen Sie mich hier den Kreis meiner Einführung schliessen:
Diese Ausstellung nimmt Fernando Keller als äusseren Anlass für seinen morgigen 80. Geburtstag.
Aber schauen wir seine neuesten Werke an….das ist doch künstlerische Schaffenskraft pur, gepaart mit grosser Lebenslust und der Suche nach immer Neuem.
Und das heisst doch: Wir dürfen noch viel vom ihm erwarten.”
Jean Pierre Borrini
Noch ist es nicht zu spät, die Ausstellung kann noch bis zum 4. September besucht werden.