Kurz nach dem Start unseres birsfälder.li-Projekts im September 2013 sorgte die fristlose Entlassung des Werkhof-Chefs für Schlagzeilen im Dorf. Am gestrigen Donnerstag, 21.5.2015, fand schliesslich die Gerichtsverhandlung statt, die erwartungsgemäss mit einer Urteilsverkündung endete.
Der fehlbare und geständige Ex-Abteilungsleiter wurde zu 17 Monaten bedingter Haftstrafe und einer Geldstrafe verurteilt. Die lange Bewährungszeit von 4 Jahren ist in Anbetracht seiner Spielsucht-Vergangenheit wohl gerechtfertigt.
Die Deliktsumme wird von der Staatsanwaltschaft mit insgesamt CHF 170’000.- beziffert. Nachdem der Buchhaltung der Gemeinde (nach langen drei Jahren) ungewöhliche Kaufhäufigkeiten von Bohrmaschinen und Dampfreinigern aufgefallen sind, ist die Sache ins Rollen gekommen. Weitere Fehlbarkeiten konnten laut Staatsanwaltschaft vor allem dank der guten Kooperation mit dem Angeklagten aufgedeckt werden.
Missbräuchliche, ungewöhlich hohe Bargeldbezüge (es war die Rede von 4 x CHF 10’000.-), die teilweise mit gefälschten Quittungen belegt wurden, waren nur dank fragwürdigen bzw. nicht-existenten Kontrollen seitens der Gemeinde möglich und wären vermutlich unentdeckt geblieben, hätte der Angeklagte nicht kooperiert. Kriminelle Energie hin oder her: selbst die Staatsanwaltschaft hatte für die fast schrankenlose Möglichkeit eines solchen Betrugs nur ein Kopfschütteln übrig. Die Verwaltungsverantwortlichen der Gemeinde haben den Prozess übrigens nicht vor Ort mitverfolgt.
Trotz Prozessabschluss und Versicherungsdeckung des Schadens bleiben viele Fragen offen. Diese gehen thematisch von Leumundsabklärungen bei Neueinstellungen, über Kontrollmechanismen bis hin zu möglichen nicht aufgedeckten Beträgen und landen schliesslich bei den Verantwortlichen in Verwaltung und Politik. Nicht, dass der nun Verurteilte plötzlich Opfer ist: aber Mitverantwortung für den faktischen Selbstbedienungsladen tragen auch andere.
rugeli
Mai 22, 2015
Und was läuft eigentlich mit dem Treuhändler, der die kath. Kirchgemeinde und das ROXY über den Tisch gezogen hat?
hasira
Mai 22, 2015
Ist auf November verschoben …
Arthur Caccivio
Mai 22, 2015
Endlich eine vernünftige Aufgabe für die GPK: ein abgeschlossenes Geschäft und präzise Fragestellungen. Die GPK muss nur den letzten Abschnitt des Berichtes, ergänzt mit den fragwürdigen Barauszahlungen, als Vorlage übernehmen. Ich bin gespannt auf die Resultate.
Hans-Peter Moser
Mai 26, 2015
26.Mai 2015
Die Schuld ist nun erwiesen, das Urteil gefällt. Wir könnten zur Tagesordnung übergehen, wenn nicht eine Frage im Raum stehen würde:
Wie konnte der ehemalige Abteilungsleiter während dreier Jahre diese Taten ausführen? Wie kann es sein, dass über eine lange Zeit praktisch alle Kontrollen versagten, Beobachtungen nicht weitergeleitet oder nicht ernst genommen wurden? Auch der Staatsanwalt stellte in seinem Schlussplädoyer diese Frage. Eine Rückblende in die Entwicklung der Neuorganisation der Gemeinde kann eine mögliche Erklärung geben.
Im Jahre 2008, mit der Neubesetzung im Präsidium des Gemeinderates, wurde
das Projekt einer umfassenden Änderung der Verwaltungsorganisation in die Wege geleitet. Im Laufe der Vorbereitungsphase bis zum Start der Neuorganisation anfangs 2010 verlor die Verwaltung auf Grund einer verfehlten, mitarbeiterverachtenden Personalpolitik mit wenigen Ausnahmen sämtliche Abteilungsleiter und die Hälfte aller Mitarbeiter.
Schlussendlich wurde auch dem langjährigen Verwalter gekündigt.
Der Gemeinde entstand durch diesen grossen Verlust an Wissen grosser Schaden und die über Jahrzehnte kontinuierliche Entwicklung wurde abrupt abgebrochen.
Die Neubesetzung der Schlüsselstellen erfolgte nicht konsequent nach fachlichem Wissen und stellenspezifischer Eignung . Auf Grund der immer sehr kurzfristigen Wechsel mussten die Aufgaben meist ohne Einführung übernommen werden. Kritisches Mitdenken oder Melden von unguten Vorkommnissen wurde aus Angst vor Sanktionen erschwert.
Die von der Gemeindeversammlung bewilligte Globalbudgetierung birgt die Gefahr einer freieren Nutzung der bewilligten Geldbeträge. Die Verschiebung
von Mitteln wird ohne straffes Controlling vereinfacht.
Falsche Personalpolitik, unprofessionelles Einstellungsverfahren bei Schlüsselstellen, Existenzangst bei Mitarbeitern, fehlendes Personalleitbild und mangelhaftes, nachlässiges Controlling könnten die Straftaten erst recht ermöglicht haben.
Die Schuld soll deshalb nicht vom verurteilten ehemaligen Abteilungsleiter genommen werden, aber Schuld an den umschriebenen Missständen
liegt beim politisch verantwortlichen Gemeinderat der Periode 2008–2012.
Ich hoffe, dass aus der Erkenntnis dieses Falles entsprechende Anpassungen
vorgenommen wurden.
25.05.2015
Hans-Peter Moser
Zitat: Wo Angst das Zepter führt
kann Gutes nicht gelingen
Betty C.
Mai 26, 2015
Schlimm, was da für viele gute Leute geschasst wurden, oder den Bettel hinwarfen. Gute Führung will eben auch gelernt sein.
rugeli
Mai 26, 2015
Irgendwie verstehen offenbar einzelne Gemeinderäte ihr Amt als geschützten
Arbeitsplatz.
Arthur Caccivio
Mai 27, 2015
Ich kann die Ausführungen von Hans-Peter Moser nur unterstreichen. Es gibt einige Mitschuldige an diesen Verfehlungen. Sowohl die Verwaltung (Controlling) wie auch die zuständigen Gemeinderäte (Einstellung/Führung) haben geschlampt. Der fehlbare und schuldige Abteilungsleiter hat (leider) alle Schuld auf sich genommen. Möglicherweise wären sonst auch andere Personen angeklagt worden. Ich fordere deshalb nach wie vor eine gründliche Abklärung der Vorfälle durch die Geschäftsprüfungskommission. Dies ist im Hinblick auf die kommunalen Wahlen im Frühling 2016 von eminenter Bedeutung, damit die Stimmbürgerinnen und Stimmbürger die Fehlbaren „abwählen“ können, sofern dies nicht bereits 2012 geschehen ist!
hasira
Mai 28, 2015
Sind doch noch alle da?
Arthur Caccivio
Mai 28, 2015
Nein, zwei sind nicht wiedergewählt worden. Da aber leider noch keine Untersuchung stattgefunden hat, gilt für Beide die Unschuldsvermutung.
P.Büschi (Exil-Birsfelder)
Mai 28, 2015
Zurück aus den Kurz-Ferien und hier Mal wieder ein Blick reingeworfen, wow da ist ja was los.…Es ist schon erstaunlich, dass in der Gemeinde Birsfelden Finanzschieflage sowas überhaupt möglich war? Oder ist das sogar eines der Auslöser? Gibt da noch mehr die geschickt sich am Gemeindesäckel bereichern resp. bereichert haben? Und wie sieht’s mit der momentanen Einstellung- und Führungspolitik in Birsfelden aus? Hat sich da was geändert oder werden immer noch die faulen Äpfel gefördert? Die eine Gemeinde in dieser Schieflage ja nicht wirklich weiterbringen im Gegenteil. Und warum verkaufen die Gemeindeverantwortliche der Birsfelder Bevölkerung altes in neuen Schläuchen und lässt sich das noch eine Viertelmillion kosten? Ist das die vielbesungene Sparpolitik Birsfeldens? Oder ist es in Birsfelden wirklich nun soweit: The Show must go on.…egal wohin???