… doch, doch, gibt es durchaus, und dazu noch in erstaunlicher Vielfalt, wie das Leitbild Natur für die Gemeinde deutlich macht.
Die Gemeindeverwaltung hat im Mai ein lesens- und bedenkenswertes Leitbild Natur veröffentlicht.
Ausgehend von den Grundsätzen zum Umgang mit Natur‑, Grün und Freiraum wurde ein Zielkatalog erstellt. Darauf aufbauend stellt das Dokument den entsprechenden Massnahmenkatalog sowie die Konzeption bis zur Ausführungsplanung vor.
Hier der detaillierte Zielkatalog:
A Ziele zum Erhalt und zur Optimierung der Artenvielfalt-Hotspots und der naturnahen Lebensraumvielfalt
B Ziele der spezifischen Förderung überregional bedeutender Arten
C Ziele zur Vernetzung von Lebensräumen
D Ziele des Landschaftsschutzes
E Ziele zur Förderung der Biodiversität im Siedlungsraum
F Ziele zur Förderung des Grün- und Freiraums im Siedlungsgebiet
G Ziele zur Sensibilisierung und Umweltbildung
Das Leitbild scheint mir als Laien sorgfältig erarbeitet und durchdacht konzipiert.
Die Gretchenfrage bleibt wie bei allen Leitbildern allerdings immer, wann, wie seriös und kompetent die hehren Ziele dann tatsächlich umgesetzt werden 😉 …
Christoph Meury
Mai 23, 2020
Leitbilder sind wichtige Grundlagen für zukünftige Entscheidungen. Sie dienen als Orientierungshilfen und geben Handlungshinweise. Es ist also grundsätzlich begrüssenswert, wenn Birsfelden jetzt ein «Leitbild Natur« hat. Um das Gemeinwesen aber auch tatsächlich handlungsfähig zu machen, müssen das vorliegende Papier auch weiterführende Fragen beantworten. Anwendbar sind die aufgeführten Massnahmen letztlich nur auf den gemeindeeigenen Ländereien. Die Eigentums- und Besitzverhältnisse werden im Leitbild Natur nicht thematisiert. Daher stösst das Leitbild in der Praxis schnell an seine Grenzen. Nehmen wir das Areal des Birsfelder Hafens und explizieren dabei die Handlungsoptionen in Bezug auf das Ziel Nummer 3: «Zahlreiche kleinflächige Ruderalflächen im Hafenareal beherbergen bis heute eine bedeutende Vielfalt seltener Pflanzenarten (vgl. Objekte N9, N12, N14 des Naturinventars). Es gilt, diese wert- vollen Restflächen zu erhalten und optimal zu pflegen. Chancen, neue Flächen im sich dynamisch entwickelnden Gewerbegebiet zu schaffen, gilt es zu nutzen…. Wo möglich, werden diese Flächen auf ca. 10% der Gesamtfläche vergrössert.« Ich erinnere dabei an die Hafenrecherchen von Franz und mir: Die Areale im Hafenperimeter gehören dem Kanton Basel-Landschaft und werden im Auftrag des Kantons von der SRH verwaltet. Die Gemeinde Birsfelden spielt in diesem Besitz- und Verwaltungskonstrukt keine mitbestimmende, oder gar matchentscheidende Rolle. Ergo kann die Gemeinde zwar in einem Leitbild vorgeben, dass sie zu den wertvollen Lebensräumen entlang des Rheins Sorge tragen möchte, aber wie diese Sorgfaltspflicht in der Praxis aussehen könnte, dazu kann weder der Gemeinderat, noch der Souverän etwas sagen. Der Kanton hat dafür nicht einmal das Instrument eines Mitwirkverfahrens vorgesehen. Die Hierarchie der Entscheidungen ist klar und sämtliche Befugnisse liegen beim Kanton Basel-Landschaft.
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Analog gilt dies auch bei der Parzelle 1550. Der Grünstreifen entlang der Schleusenanlage gehört der Kraftwerk Birsfelden AG. Über die Verwertung dieses 40’000 m² grossen Grünareals bestimmen alleinig die Shareholder der AG. Die Gemeinde findet nur in der Namensgebung der Firma statt, ansonst ist Birsfelden beim Kraftwerk nicht vertreten und hat nicht einmal ein Anhörungsrecht. Da kann man also lediglich von Ferne mit dem «Leitbild Natur« wedeln und signalisieren, dass man mit der vorliegenden Projektskizze von Losinger Marazzi und ihrem irrlichternden Projekt «Kraftort am Rhein« nicht einverstanden ist.
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PS.: Warum die Parzelle 1550 in einer Wohnzone liegt, ist mir unklar. Vielleicht weiss jemand, wie es zu dieser Umzonung gekommen ist. Ursprünglich wurde die Parzelle 1550 der Kraftwerk Birsfelden AG zugeschlagen, weil man von einer Erweiterung der Schleusenanlage ausging. D.h. das Areal müsste eigentlich in der Zone für öffentliche Bauten liegen. Da eine Schleusenerweiterung aber offensichtlich keine Option ist, sollte die Parzelle offiziell wieder an die Allgemeinheit zurückfallen und daselbst als Grünzone ins Grundbuch eingetragen werden. Dann würden auch die unseligen Spekulationen über Bauprojekte aller Art aufhören und die Kraftwerk Birsfelden AG könnte sich voll und ganz ihrem Kerngeschäft, der Produktion von Strom widmen.