Da sitzt man irgendwie zusammen und erzählt von Recherchen zur Birsfelder Geschichte. Und immer wieder ergibt es sich, dass jemand noch etwas ergänzen kann oder etwas Neues weiss.
So kam ich zu den folgenden zwei »Geschichten«.
Ueli Kaufmann erzählte mir:
»Nach der Gasexplosion an der Friedensgasse 7 hatte ich die Gelegenheit, gemeinsam mit Birsfelder Feuerwehrleuten in verschiedene Keller der Friedensgasse zu steigen, weitere mögliche Gasleitungslecks wurden gesucht. Dabei entdeckte ich in einer unverputzten Bruchsteinmauer einen alten Türsturz. Auf meine Frage erzählte mir meine Nachbarin, Frau Sprissler (Friedensgasse 9), folgendes:«
»Mein Vater hat sich mit anderen Birsfelder Handwerkern zusammen getan. Sie waren jeweils nachts mit Pferdewagen über die Wettsteinbrücke nach Basel gefahren um dort Baumaterial von der Abbruchbaustelle des alten Badischen Bahnhofs zu laden. Ob legal oder nicht wusste ich nicht mit Sicherheit. Es ist irgendwie konspirativ gewesen. Aus diesem Material ist mehr oder weniger gleichzeitig die ganze Friedensgasse am Fuss des Gülleweglis gebaut worden.
Lange hat die Strasse keinen Namen gehabt. Alle Birsfelder kannten sich damals noch in der Gemeinde. Es brauchte keine exakten Adressen.
Der Name des neuen Strassenzugs ist später vom Gemeinderat an einer Sitzung festgelegt worden, am Tag nach dem Waffenstillstand, nach dem 1. Weltkrieg.«
Was fang ich nun an mit diesen zwei Geschichten?
Drei Dinge galt es schlussendlich zu klären:
1. Wo ist der Türsturz eingemauert?
2. Wie verläuft die Geschichte des alten Badischen Bahnhofs?
3. Wann wurde das Haus von Frau Sprissler gebaut?
4. Nebenschauplatz: Wie kam die Friedensgasse zu ihrem Namen?
Als Erstes stieg ich also mit Angela Cicirò-Heinz in den Keller der Friedensgasse 9. Pech gehabt. Das Haus von Frau Sprissler wurde nach ihrem Tode (2012) verkauft, sanft renoviert und etwas umgebaut. Dabei wurden die Wände im Keller sehr schön verputzt. Einen eingemauerten Türsturz zu finden war leider nicht möglich. Das einzige Baumaterial, das vielleicht von einem früheren, älteren Haus stammen könnte, ist die unterste Stufe der Kellertreppe. Ist die vielleicht vom alten Badischen Bahnhof?
Als Zweites ging ich der Geschichte des alten Badischen Bahnhofs etwas nach. Er stand dort, wo heute die Gebäude der Schweizerischen Mustermesse stehen. Der Bahnhof wurde 1862 in Betrieb genommen. Es gab auch eine schöne Bahnhofstrasse. Als Einziges übrig geblieben ist noch das »Alte Warteck«. Wie lange noch?
Als der Bahnhof den Anforderungen der Zeit nicht mehr entsprach, wurde ein Neubau an der heutigen Stelle (Badischer Bahnhof II) im Jahr 1913 eröffnet. Der alte Bahnhof wurde weiterhin als Lagerhalle benutzt und schliesslich 1926 abgerissen, um dem Bau der Schweizerischen Mustermesse (Muba) Platz zu machen.
Als Drittes kam die Frage des Baujahrs der Friedensgasse 9 in Bearbeitung. Schon damals waren die Leute ordentlich und reichten ein Baugesuch ein. Wurde dieses bewilligt, konnte gebaut werden. Das Baugesuch für die Friedensgasse 9 wurde am 1. Mai 1914 erteilt — und ich denke, dann wurde bald gebaut … denn auf einer Karte von 1918/19 standen schon fast alle Häuser der Friedensgasse.
Da aber der alte Badische Bahnhof noch als Lagerhalle gebraucht wurde und erst 1926 abgerissen wurde, kann das Baumaterial der Friedensgasse kaum von dort stammen — ausser der Bahnhof wurde schon vorher zum Teil abgetragen, dazu war aber nichts zu finden.
Es kann aber durchaus sein, dass das Baumaterial von einer anderen Abbruchliegenschaft stammt, wie das ja damals für manche Bauten in Birsfelden üblich war. So wurde auch die protestantische Kirche Birsfeldens mit Steinen der alten Elisabethenkirche gebaut.
Dann war da noch eine letzte Möglichkeit vielleicht mehr zu erfahren, denn irgendjemand wusste, dass der Gottebueb von Frau Sprissler noch in Birsfelden lebt. Leider war auch aus dieser Quelle nicht mehr zu erfahren.
Aber, wer weiss, vielleicht wissen ja noch andere birsfälder.li-Lesende mehr und berichten?
Quellen:
• Teil Texte; https://centralbahnhof.jimdo.com/historisches/1859–1926-1-badischer-bahnhof/
• Bild alter Bad. Bahnhof: Staatsarchiv Basel-Stadt AL 45, 1–64‑1
Angela Ciciro
Apr 21, 2017
Ein toller Beitrag wie ich finde ! Der Vater von E. Sprissler hiess nämlich Jean Willy-Thommen und einer der erwähnten Handwerker dürfte tatsächlich G. Trächslin Grabsteine und Baugeschäft, Birsfelden, gewesen sein, der Erbauer der FG9. Die Mutter eine Louise Willy-Thommen. Weiss jemand mehr ?