Ab heu­te Abend steppt für drei Tage wie­der ein­mal der Bär auf dem Kirch­matt-Are­al. Es ist Birsfäl­der Chil­bi, das all­jähr­li­che Dorf-Fest, an dem man alte Bekann­te trifft, die Ver­ei­ne für das leib­li­che Wohl und Bah­nen für leuch­ten­de Kin­der­au­gen und umor­ga­ni­sier­te Mägen sor­gen. Beim Schlen­dern über den Platz wird einen auch in die­sem Jahr das ange­neh­me Gefühl der Ver­traut­heit beschlei­chen, wenn das Fel­chen­fi­let die Fri­teu­se ver­lässt, der Fon­due-Geschmack bis in die Kaf­fee-Stu­be durch­dringt, der Ham­bur­ger mit Extra-Zwie­beln ser­viert wird, Pira­ten die Bar entern, die “Lööösli”-Verkäuferin zum fünf­ten Mal vor­bei­kommt und im Hin­ter­grund der Swing-Up bei über­lau­ter Musik sei­ne Run­den dreht. Es wird sein wie immer.

Gut, frü­her stand an der Stel­le des Swing-Ups der nost­al­gi­sche Ket­ten­flie­ger und auch sonst trifft man ab und zu mal etwas neu­es an. Und es ist schon eini­ges ver­schwun­den, was jah­re­lang zum Chil­bi-Bild gehört hat. Die Zei­ten, als im Schul­haus bis in die obe­ren Stock­wer­ke Betrieb geherrscht hat, sind aber defi­ni­tiv vor­bei und irgend­wie hat man eher das Gefühl, die Chil­bi wird durch­ge­führt, weil man weiss, wie es läuft und weil man als Ver­ein auf die Ein­nah­men nicht ver­zich­ten kann. Rich­ti­ger Enthu­si­as­mus ist sel­ten mehr spür­bar — für gute Stim­mung sorgt nicht zuletzt das fünf­te Bier nach dem zwei­ten Shot. Die Initia­ti­ve dar­an etwas zu ändern, wird qua­si ertränkt.

Chilbi-Platakt einst: Die Version von 1978, die jahrelang die Chilbi ankündigte

Chil­bi-Pla­takt einst: Die Ver­si­on von 1978, die jah­re­lang die Chil­bi ankün­dig­te. Damals anschei­nend auch schon mit Schag­gi Steiger’s Würs­ten (links unten), dazu noch der legen­dä­re Ket­ten­flie­ger und eine Gewerbeschau!

Dabei hat alles mit viel Initia­ti­ve begon­nen, sei­ner­zeits nach der gros­sen 100-Jahr-Fei­er im Jah­re 1975. Dem bis dahin schlum­mern­den Bedürf­nis nach Zele­brie­ren der öffent­li­chen Dorf­ge­mein­schaft hat das dama­li­ge Fest offen­sicht­lich die Augen geöff­net und so ist drei Jah­re spä­ter unter dem Patro­nat der IG Birs­fel­den und des damals noch stol­zen Gewer­be­ver­eins die Chil­bi in Leben geru­fen wor­den. Jung und Alt bau­ten zusam­men einen bun­ten Anlass auf, gespickt mit fri­schen Ideen: Auf dem Haupt­platz konn­te man sich den Spa­ghet­ti-Tel­ler mit Korb­wür­fen ver­die­nen und im dich­ten Gedrän­ge des Dart-Club-Zelts dau­er­te die Par­ty bis tief in die Mor­gen­stun­den. Par­al­lel zur gemüt­li­chen Sau­se wur­de alter­nie­rend eine Gewer­be­schau auf die Bei­ne gestellt, zu deren Zweck auch leicht ein­mal der gesam­te Platz vor der Schwimm­hal­le über­deckt wer­den konn­te. Jedem Kind war klar, wo wel­ches “Bhal­tis” zu ergat­tern war und wenn im Spät­som­mer des nächs­ten Jah­res das ers­te (und immer glei­che) Pla­kat die Rück­kehr des Rum­mels ankün­de­te, hoff­te man fest, dass es wie­der eine Aus­ga­be mit Gewer­be­schau sein möge — mit Essen und Trin­ken allein konn­te man als Kind ja schliess­lich nicht all­zu viel anfangen.

Chilbi2013

Das aktu­el­le Pla­kat der Chil­bi: Ver­spiel­ter als der Anlass tat­säch­lich ist

Das Pla­kat wur­de mitt­ler­wei­le moder­ni­siert und ver­spricht optisch ein bun­te­res Trei­ben als die Ur-Ver­si­on. Die “Spe­zia­li­tä­ten” von damals haben sich zu “vie­len guten” ver­mehrt und zu den “Beiz­li” sind die “Bars” gestos­sen. Doch ist das nicht mehr Schein als Sein? Wo fin­de ich heu­te die “Schiess-Stän­de”? Und was ist mit dem “Ski-Hüt­te-Kaf­fi” passiert?

Die Chil­bi hat zu kämp­fen. Sie kämpft mit teu­rer wer­den­den Rah­men­be­din­gun­gen, wie etwa für Sicher­heit, einem wet­ter­ab­hän­gi­gen Publi­kums­auf­marsch, einer sich immer wei­ter im Anony­men bewe­gen­den Ein­woh­ner­schaft und sie steht im Wett­be­werb mit zahl­rei­chen ande­ren Anläs­sen in der Nach­bar­schaft. Nicht zuletzt kämpft sie auch mit der Demo­gra­fie, die sich direkt und ganz kon­kret auf das Ver­eins­le­ben aus­wirkt, wel­ches gesell­schafts­ent­wick­lungs­be­dingt ohne­hin schon geschwächt ist. Aber so ist das heu­te eben: “Work-Out” macht man im Fit­ness-Stu­dio und geniesst das Bier anschlies­send frisch geduscht.

Die für eine drin­gend benö­tig­te Wei­ter­ent­wick­lung feh­len­den Res­sour­cen sind in ers­ter Linie eigent­lich nur anpa­cken­de Hän­de, Idea­lis­mus und Mut zum Risi­ko. Doch wer deckt heu­te so etwas ab. Wer kann bzw. will es sich leis­ten, in der raren Frei­zeit trotz viel Enga­ge­ment viel­leicht auch ein­mal auf die Nase zu flie­gen. Dazu fehlt im Dorf irgend­wie schlicht die Dyna­mik und das Per­so­nal. Des­halb genies­sen wir das Bier an der Birsfäl­der Chil­bi doch noch, bevor sie zur blos­sen Kind­heits­er­in­ne­rung wird. Am liebs­ten leicht ver­schwitzt, nach der Ein­satz-Schicht auf dem Festplatz!

Es geschehen noch Zeichen und Wunder
Birsfelden und seine Projekte

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