Felix Rudolf von Rohr, wir müssen den Berufsbasler und Fasnachtsprofi hier nicht weiter vorstellen, hat dem birsfälder.li freundlicherweise den Text seiner Laudatio zur Vetsch-Ausstellung im Birsfelder Museum zur Verfügung gestellt. Hier:
Gedenkausstellung Andreas Daniel Vetsch
im Birsfelder Museum
Gedanken zur Vernissage am 24. August 2018
Andreas Daniel Vetsch heisst Fasnacht.
Jedenfalls für ganz viele von uns, aber auch ganz viele Baslerinnen und Basler überhaupt.
1968 hat er zum berühmten Picasso-Bettelfest seine noch berühmtere Laterne gemalt. Das war in der alten Kaserne in einem Kantonnement im zweiten Stock. Dort haben wir uns kennengelernt und dann ein halbes Jahrhundert zusammen gesponnen, gelacht, nachgedacht, an der Basler Fasnacht ein wenig mitgeschraubt.
Daniel hat 42 Laternen gemalt, und zwar von Anfang an in der oberen Kategorie. Nicht nur wegen des erstklassigen Handwerks und dem Austüfteln immer neuer Techniken, sondern eben auch mit der Ironie, dem versteckten Schalk und allem, was zum Lachen und Schmunzeln, aber auch zum kritischen Nachdenken führte.
Daniel hat für die Rhygwäggi gemalt, für die Spezi, die Verschnuuffer, und immer wieder für die Opti-Mischte. Immer wieder es hat geheissen, dass er sich, auch wenn er eigentlich aufhören wollte, immer wieder für den Geist der Fasnacht anzünden liess.
Er war halt eben auch wirklich ein Optimist.
Aber die Laternen waren ihm nicht Fasnacht genug. Er hatte das ganze Mosaik der Fasnacht im Auge und im Visier. So hat er sich auch als Schnitzelbänggler wohl und im Element gefühlt. Bei den Gluggersegg hat es ihm den Ärmel reingezogen. Hier hat er aber nicht nur die blendenden Helgen geliefert (wie übrigens auch für andere Bänggler), sondern auch mitgesungen.
Musik war etwas, was für ihn zu seinem ganzen Spektrum der Kunst gehörte. Bei der Malerei in der Kaserne war auch immer sein Banjo dabei, weil er damals ja auch bei den Storyville Wheepers und dann beim New Orleans Hot Lips Jazz Orchestra dabei war, als Musiker und natürlich für alle künstlerischen Accessoires wie Signete oder Plattenhüllen.
Aber zurück zur Fasnacht:
Er war damals auch bei einer der wenigen Guggemuusige, die noch wirklich schräge Musik intonierten, den Ziggedreet. Und bei den Opti-Mischte hat er dann auch noch Pfeifen gelernt.
Die Frau Fasnacht ist nach und nach auf ihn aufmerksam geworden – oder er hat sich, neben der treuen Verbindung mit Marlise, auch noch in die Frau Fasnacht verliebt. Neben den Laternen, die er gemalt und den fast ebenso vielen Zügen, die er gestaltet hat, kamen dann ganz andere künstlerische Würfe dazu. Mit den Kulissen für die Monster-Trommelkonzerte wagte er sich mit Bravour in eine ganz andere Dimension der gestalterischen Arbeit.
2006 gelang ihm der Wurf einer der ganz grossen Fasnachtsplaketten mit viel Symbolik.Und zum 100 Jahr-Jubiläum des Fasnachts-Comités durfte er die erste Briefmarke entwerfen, die der Basler Fasnacht gewidmet ist – eine Zusammenarbeit im Trio mit einem Basler Bebbi bei der Philatelie in Bern, an die ich persönlich mit ganz grosser Freude und ein wenig Stolz zurückdenke.
In der Vorschau zu dieser Ausstellung haben wir im birsfälder.li lesen können: Füllt die Fasnacht einen aus? Was macht ein begnadeter Fasnachtskünstler zwischen den Fasnachten?So ist es eigentlich nicht, sondern umgekehrt.
Zwischen seiner künstlerischen Arbeit hat Daniel Fasnacht gemacht.
Das zeigt diese Ausstellung.Hier öffnet sich eine ganz andere Welt als nur jene der drei Tage.
Daniel hat den Vorkurs an der Gewerbeschule besuchtund dann eine solide Ausbildung als Goldschmied absolviert.
Aber dann hat er selber gedacht, denken lassen und zum Denken angeregt. Seine Bilder, Stelen, Skulpturen, Zeichnungen, Vignetten, Illustrationen haben sich zu einem ganz eigenen, absolut unverwechselbaren Stil entwickelt. Und es ist ein unerhört breites Schaffen, das wir hier erleben.
Er hat auf allen Tasten des künstlerischen Klaviers gespielt. Wir entdecken in seinen Arbeiten natürlich immer wieder die Figuren seines Markenzeichens. Aber sie wandeln sich auch zu ganz gegenständlichen Persönlichkeiten und wir können auch bestimmte Personen oder Charaktere erkennen, obwohl Daniel nie ein eigentlicher Porträtist war.
In den ungegenständlichen, abstrakten Bildern ist es ganz besonders die Maltechnik,die beim genauen Hinsehen die aufwändige und sorgfältige Detailarbeit zeigt.
Mit dem Engagement von Marlise bei der Titusgemeinde auf dem Bruderholz hat sich für Daniel nochmals eine ganz neue Dimension geöffnet, die Dimension einer soliden, ehrlichen, christlichen Grundhaltung: Zuerst die Weihnachtskrippe, dann der grosse Adventskalender über viele Jahre, und auch die künstlerische Begleitung der Flügel-Konzerte – Titus beflügelt.
Wir finden in dieser Erinnerungs-Ausstellung sicher viele Bilder, die einfach fröhlich, auch kritisch oder sogar schräg sind.Aber hinter den meisten Werken stecken Gedanken und Mitteilungen, die zeitlos ernsthaft sind, und die wir nun selber entdecken müssen.
Zwei Arbeiten will ich herauspicken und aus meiner Sicht interpretieren:
Eines ist das grosse Gemälde mit dem Schriftzug „Menetekel“: Aus der Bibel wissen wir von Belsazar, dass ein Menetekel eine unheilverkündende Warnung bedeutet. Aber Daniel setzt in die Mitte einen ganz hellen Ausblick als Zuversicht, als Türe in eine bessere Welt, die für ihn als Optimist immer eine sichere Aussicht war.
Das Andere ist der kleine Laternenrahmen im Treppenhaus: „Doo goots wyter“. Es zeigt nach oben, wo Daniel uns jetzt mit einem Augenzwinkern zuschaut und sagt: Nehmt nicht alles ernst. Aber nehmt doch ein wenig ernst, was ich Euch mit meiner Kunst sagen will.
Felix Rudolf von Rohr