Die Urheber der 1785 eröffneten Eremitage zu Arlesheim, der Domherr Heinrich von Ligertz und seine Base Baronin Balbina von Andlau-Staal, waren vom fürstbischöflichen Hofmarschall Adam Franz Xaver von Roggenbach dazu angeregt worden, einen englischen Garten anzulegen. Aber auch der Fürstbischof Joseph Sigismund von Roggenbach selbst unterstützte das Unternehmen, so dass sich in Arlesheim mit der Zeit die sogenannte «Arlesheimer Gesellschaft» bildete, mit welcher der Basler Seidenbandfabrikant Jakob Sarasin 1786 in Kontakt trat. Durch Sarasin lernten Mitglieder der Gesellschaft 1789 den berüchtigten Grafen Cagliostro und den Landschaftsmaler Loutherbourg kennen, worauf diese beiden die Eremitage besuchten und die Ausstattung der Proserpinagrotte und das Freundschaftsdenkmal anregten, die dem Gedankengut der Freimaurer entsprachen.
Mit dieser kurzen Zusammenfassung beginnt der Artikel Der Einfluss der Freimauererei auf die Eremitage zu Arlesheim von Hans-Rudolf Heyer.
Arlesheim und die Eremitage gehörten zu diesem Zeitpunkt noch zum Fürstbistum Basel und damit zum Heiligen Römischen Reich Deutscher Nation. Die Eremitage entwickelte sich bald zu einer Attraktion, die auf internationales Interesse stiess. Genannt werden In den Gästebüchern Besuche von Deutschen, Sachsen, Russen, Italienern, Franzosen, Spaniern, Portugiesen, Engländern, Schweizern (Ausländer 😉 !), Polen, Ungarn, Dänen, Türken und Holländern.
Jakob Sarasin fand über die “Arlesheimer Gesellschaft” Zugang zur Eremitage: Regelmässig trafen sich in der Ermitage auch die Mitglieder der sogenannten Société d‘Arlesheim, ein geselliger Zirkel katholischer Adliger und protestantischer Bürger aus der Oberschicht, die freundschaftlichen Umgang in aufklärerischer Toleranz pflegten. Mittelpunkt der Arlesheimer Gesellschaft waren Balbina von Andlau und die Basler Eheleute Gertrud und Jakob Sarasin. Man traf sich mal bei Sarasins im Weissen Haus am Rheinsprung, mal in der Ermitage. (https://www.ermitage-arlesheim.info/)
Es war auch Jakob Sarasin, der sowohl Cagliostro wie auch den Maler Loutherbourg mit Heinrich von Ligertz und Balbina von Andlau bekannt machte. Der Magier und der Maler arbeiteten offensichtlich bald intensiv an der Umgestaltung der Proserpina-Grotte mit. Das Bild zeigt den ursprünglichen Eingang und die vordere Höhle mit einem nach antikem Vorbild gestalteten Altar und Monstern — vielleicht eine Anspielung an die Begegnung Taminos in der Unterwelt in Mozarts “Zauberflöte”.
Doch schon bald wurde die Höhle umgestaltet: Die so kurz nach der Entstehung durchgeführte Neugestaltung der Proserpina-Grotte geht auf zwei sehr widersprüchliche Personen zurück, die im Juli 1787 der Eremitage einen Besuch abstatteten: Graf Alessandro Cagliostro (1743–1795) und Philippe Jacques de Loutherbourg (1740–1812). „Die Neugestaltung der Grotte, insbesondere das Auferstehungsdenkmal …, das bald zu einer grossen Attraktion der Eremitage wurde, aber auch die anderen Elemente wie der neue Altar und die besinnlichen Sprüche in der Grotte des Todes wurde von Loutherbourg, vermutlich nach Anweisungen Cagliostros, entworfen. (…) Die Grotte des Todes und der Auferstehung, der Tempel der Wahrheit und das Monument der Freundschaft, die auf Cagliostros Veranlassung hin verändert beziehungsweise erst errichtet wurden, waren bedeutsame Elemente, die die Aussage der Eremitage wesentlich beeinflussten. Sie vertieften ihren von Anfang an angestrebten geistigen Gehalt und ließen den Schwerpunkt des Gartens insgesamt mehr dem ‚melancholischen‟ als dem ‚heiteren‟ Charakter zuneigen. (aus Christa Birkenmaier, Typologie höfischer Eremitagen vom 16.- 18. Jahrhundert).
So wie die Ausstattung der Grotte ist auch ein weiteres Erinnerungsobjekt an Cagliostros Wirken nur noch in Bruchstücken erhalten geblieben: die Sprachenpyramide mit dem Freundschaftstempel. Auf einer pyramidenförmigen Holzwand waren 21 Tafeln in 21 Sprachen mit Sinnsprüchen angebracht. Die Wand selber war mit hieroglyphenartigen, von Cagliostro inspirierten Symbolen versehen. Während ein paar wenige Sprachentafeln bis vor kurzem im “Holzstoss” aufbewahrt wurden, kann man ein Teilstück der Wand im Schlosseingang besichtigen.
Sowohl Heyer wie Birkenmaier übernehmen das in der Öffentlichkeit tradierte Bild Cagliostros als Scharlatan. Das ist bedauerlich. Eine vertiefte Beschäftigung mit dieser faszinierenden Gestalt, wie sie in dieser birsfaelder.li-Serie versucht wurde, macht bald einmal die Oberflächlichkeit dieses Urteils deutlich. Abgesehen von positiven Urteilen prominenter Freimaurer war auch Rudolf Steiner von der Bedeutung Cagliostros als Thaumaturg überzeugt. Die Forschungen gehen weiter.
Nach den biographischen Reihen zu Ignaz Troxler, Heiner Koechlin, Gustav Meyrink, Bede Griffiths und Cagliostro wenden wir uns am nächsten Freitag einem interessanten Denker des 19. Jahrhunderts aus der Neuen Welt zu: Ralph Waldo Emerson.
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