Als vor rund 150 Jahren der irische Schiri Sean Alister Penalty, den ersten direkten Freistoss ohne Gegenspieler, Stürmer gegen Tormann pfiff, entschloss er sich, mangels FIFA-Manuals für Schiedsrichter, zur 11 Meter Distanz, 1 Meter pro Teamspieler. Er pfiff Geschichte, ohne es zu wissen. John Mac Corner* traf oben rechts ins Lattenkreuz (warum nicht Lattenwinkel?) und der finnische Nationalhüter Halti Penalti* musste sich geschlagen geben. Er musste den Handschuh werfen. Das war damals die modische Geste einen Gegner zum damals unter britischen Snobs modischen Duellen aufzufordern. In Katar werden sie Schuhe werfen. Ehre war wichtiger als Leben. Heute unter Teilen der Bevölkerung, in abgeschwächter Form noch immer aktuell: „He Mann, hesch Schwöschter beleidigt, wotsch Fuscht?!“. Durchaus auch in der Muttenzerkurve.
OK. Die Fussball WM ist abgeschlossen, Schlusspfiff, der Turniersieger (eine Erfindung des Mittelalters) ist Geschichte. Die Redaktion birsfälder.li hatte sich entschieden, sich wegen unterschiedlicher Praeferenzen nicht zum täglichen Ballgeschehen zu äussern. Ein letztes Wort sei uns aber vorbehalten.
Dass der Ball rund ist, hat sich seit dem deutschen Trainer (Das Wunder von Bern) Sepp Herberger inzwischen herumgesprochen, dass das Spiel 90 Minuten dauert, müsste wohl neu formuliert werden: Das Spiel kann 120 Minuten dauern. Dass heute mehr Menschen zum Fussball gehen, als in die Oper liegt daran, dass man weiss, wie lange es dauert und dass man nicht weiss, wie die Vorführung endet. Beim Fussball weiss man nicht, wann die entscheidende Schwalbe in den Strafraum fliegt, in der Oper weiss man zuvor, wann der Schwan stirbt, mit somnambuler Sicherheit.
Historisch, linguistisch und philosophisch bietet der Fussball noch für Generationen von Studenten Stoff zur Promotion. Interdisziplinär bieten amerikanische Universitäten, nachdem auch in den USA erkannt wurde (NSA), welche Sprengkraft in diesem Spiel liegt, nun bereits neu das Fach Soccersophie an. Schon heute hat jeder Trainer seine eigene Philosophie zu Aufstellung, Taktik und Bank. Wer als Trainer ein paar Tage darüber nachdenkt, ist ein Philosoph. Wir werden in absehbarer Zukunft Trainer und Spieler (auch Schiedsrichter?) auf dem Feld, dem Rasen, dem Platz, im Grün usw. sehen. Spieler die tief oder hoch und zwischen den Pfosten stehen, vor der Wand, am Abgrund, Leute, die ein Spiel lesen können, die antizipieren können, die den Gegner entschlüsseln können, die als Coach über ein szenarisches Verfügbarkeitsmanagement der Ersatzbank entscheiden können. Bachelor of Socs, Masters of Socs. So wird uns endlich von den kundigen, eidg. diplomierten Kommentatoren erklärt, was ein echter Linksaussen ist. Karl Marx? Kann er aus der Tiefe des Raums kommen und das Pressing initiieren?
Das britische Künstlerteam Monty Python, hat diese Entwicklung schon vor 40 Jahren vorausgesehen:
Fürs Fussballspiel heisst‘s für die nächsten 2 Jahre also: game over. Jetzt haben wir wieder Zeit für Gedanken- und Wortspiele, für Fehlpässe und Zweikämpfe, für Teamgeist und Mannschaftsleistung. Wer die National Hymne mitsingt, hat nichts begriffen. Im Morgenrot wird kein Spiel angepfiffen.
Fachausdrücke der Soccersophie sind fett gedruckt. Das möge den Fussballverächtern/Verächterinnen als Lesehilfe dienen, falls diese überhaupt bis hier am Ball geblieben sind.
*Die Fussballer, deren Name mit einem Sternchen gekennzeichnet sind, haben wir Franz Hohlers Kinderroman „Tschipo bei den Pinguinen“ entnommen, mangels anderer Dokumente.
Bernard Wirz
Jul 14, 2014
Super, ein humorvoller Beitrag von Ueli Kaufmann (und Franz Hohler).
Wer aber hat den Penalty im Fussball tatsächlich erfunden?
Auf meiner Internetsuche bin ich auf folgende Quellen gestossen:
http://milfordhouse.org.uk.s84209.gridserver.com/index.php/2011–10-19–18-09–07/the-penalty-kick
Milford ist weltweit bekannt als die Heimat des Elfmeters. William Mc Crum (1865–1932) erfand ihn.
Oder http://en.wikipedia.org/wiki/Penalty_kick#History
The early origin of the penalty kick probably lies in rugby football, as shown in early match reports, for example in 1888: “Dewsbury was awarded a penalty kick in front of the goal”[5] The concept of a penalty goal for fouls within 2 yards (1.8 m) of the goal was suggested at a Sheffield FA meeting in 1879.[6] The invention of the penalty kick is also credited to the goalkeeper and businessman William McCrum in 1890 in Milford, County Armagh, Ireland.[7]
ueli kaufmann
Jul 14, 2014
Lieber Bernhard Wirz
Als erster Privatdozent der Soccersophie erlaube ich mir, noch ein paar historische Quellen hinzuzufügen:
Als ehemaliger Schullehrer, wie der ehem. Nationaltrainer der Schweiz, erinnere ich mich, dass ich mit Kollegen und Schülern dereinst, vermutlich auch anlässlich einer WM oder EM eigene Tschütteler-Bildli hergestellt habe. Pägdagogisch ging‘s weniger um Fussball, als darum, wie die Bambini von Pannini ver…tschuttet werden. Ausgelöst von Franz Hohlers Lektüre des „Tschipo“. (Bei Hohler gabs damals noch den argentinischen Stürmer Bibi Bombeiro*). Wir erfanden und zeichneten unsere eigenen Bildli. Die Kids konnten sie sich als Belohnung verdienen und auf ein Plakat einkleben.
An folgende Spieler kann ich mich erinnern:
Norwegen: (Stürmer) Leif Latte
Frankreich: (Linksaussen) Gaston Passe-Vite
Süd Korea: (Verteidiger) Shon Out-Seide
Deutschland: (Stürmer) Hartlieb Strafstoss, damals Kapitän von Dynamo Dresden
Im Gegensatz zur Panini-Abzocke gab’s bei uns auch Schiedsrichter. Neben dem im Artikel genannten gab‘s bei uns noch den
Deutschen Paul Pfeiffer,
den Italiener Fiscchio Cartarossa.
Für Deine Recherchen bin ich Dir dankbar und werde künftilg bei meinen Ballakademischen Essays auf den den Schweizer Fussballistiker Bärni Würz hinweisen. Danke für die soccersophische Mitarbeit!