Wir haben inzwi­schen Nar­ren in ver­schie­dens­ter Aus­prä­gung erlebt: Stö­ren­frie­de im wohl­ge­ord­ne­ten reli­giö­sen Kos­mos, Spass­ma­cher und wei­se Rat­ge­ber an fürst­li­chen Höfen, Durch­ein­an­der­wirb­ler welt­li­cher Hier­ar­chien, aber auch Dumm­köp­fe und Abbil­der mensch­li­cher Schwä­chen und Laster.

Aber “Hei­li­ge Nar­ren”!?

In einem Inter­net­text fand ich eine inter­es­san­te Definition:
Die Hei­li­gen Nar­ren reden vor allem durch Hand­lun­gen. … Sie spie­len uns vor, dass Mensch­sein ein Weg ist, dass sich in einer Woh­nung ein­nis­ten Sta­gna­ti­on, Iso­la­ti­on und Tod bedeu­ten kann, dass fes­te Gewohn­hei­ten zum ersti­cken­den Gefäng­nis wer­den kön­nen. Sie spie­len uns vor, dass Mensch­sein eine Pil­ger­schaft ist und immer wie­der einen neu­en Exodus verlangt …

Die Hei­li­gen Nar­ren stel­len die Kon­ven­tio­nen der übli­chen Moral auf die Pro­be, keh­ren sie um und zei­gen so ihre Brü­chig­keit und die Heu­che­lei dahin­ter. Durch ihr Ver­hal­ten legen sie dar, dass Tugend oft nur Schutz­wall ist, hin­ter der sich der Ängst­li­che ver­kriecht; dass Moral oft nicht die freie Ent­schei­dung einer Per­sön­lich­keit, son­dern das duck­mäu­se­ri­sche Anneh­men von Ord­nun­gen ist, um vor ande­ren das wah­re Gesicht zu verbergen.

Das tönt inter­es­sant und gefähr­lich zugleich 😉

In die glei­che Rich­tung geht ein Kom­men­tar zu einer Sen­dung des Deutsch­land­funks Kul­tur — Religionen:
Im Brief von Pau­lus an die Korin­ther ist von den Nar­ren Chris­ti die Rede: “Wer unter Euch meint wei­se zu sein in die­ser Welt” heißt es da, “der wer­de ein Narr, auf dass er wei­se werde!” 

Mys­ti­ker, Magi­er und Scha­ma­nen wuss­ten zu allen Zei­ten, dass die eigent­li­che Spiel­re­gel des Lebens die Ver­än­de­rung ist. Dass wir der Wahr­heit unse­res Lebens nicht begeg­nen, wenn wir brav den Regeln des Dog­mas fol­gen. Und sie erfan­den rund um die Welt zahl­lo­se Werk­zeu­ge und Leh­ren, um die Erstar­rung des Lebens zu durch­bre­chen. Sie spann­ten Stol­per­schnü­re für das linea­re und logi­sche Den­ken, wohl dosier­te Schocks, um uns aus dem All­tags­schlaf zu wecken, geziel­te Anschlä­ge auf den Ver­stand, um ihn von den engen Fes­seln des Egos zu befrei­en und Platz zu machen für ein viel grö­ße­res intui­ti­ves Erkennen.

Und hier folgt eine klei­ne Gebrauchs­an­wei­sung, wie wir dem Hei­li­gen Nar­ren in uns sel­ber etwas mehr Spiel­raum geben könnten:
Spon­ta­nei­tät: Sei offen für das, was in die­sem Moment dran ist! Du kannst nie vor­her wis­sen, was kommt und was nicht. Eine spon­ta­ne Hal­tung erlaubt dir zu tun, was nicht plan­bar ist.
Prä­senz im Hier und Jetzt: Nur wer sein Men­tal als Werk­zeug und nicht als Rea­li­täts­spen­der benutzt, kann das sehen, was wirk­lich ist, ohne die Gren­zen der men­ta­len Ana­ly­se und Wertung.
Mut: Expan­si­on liegt immer im Unge­wis­sen. Wer sich wei­ter ent­wi­ckeln will, braucht Mut, um zu neu­en Ufern auf­zu­bre­chen. Der hei­li­ge Narr kennt Angst, aber er hat den Mut, trotz­dem zu han­deln. Das macht ihn frei von jeder Begrenzung.
Offen­heit: Sag »Ja« zum Leben, umar­me alles! Das Leben birgt so vie­le Mög­lich­kei­ten, die unser beschränk­tes Vor­stel­lungs­ver­mö­gen nicht immer parat hat. Des­halb: sage »JA« zu allem, was Dich wei­ter bringt, auch wenn es erst mal unmög­lich scheint.
Hin­ga­be: Wer jede ein­zel­ne Akti­on in vol­ler Hin­ga­be aus­führt, mit vol­lem gan­zem Her­zen und aus der indi­vi­du­el­len Frei­heit her­aus, hat die Chan­ce inten­siv und vol­ler Freu­de und Glück jeden Moment des Lebens zu genießen.
Ein Gramm Pra­xis zählt Ton­nen Theo­rie! Prak­ti­zie­re alle Weis­heit, die Du hast. Die wei­sen Nar­ren sind wei­se gewor­den, indem sie umsetz­ten, was sie wuss­ten, mit Freu­de an der Pra­xis und Durchhaltevermögen.
(aus: Maria Fran­zis­ka Wege­ner, “Der hei­li­ge Narr. Reli­gi­on ohne Regeln”)

Viel­leicht könn­te der eine oder ande­re Tipp doch ganz nütz­lich sein, um etwas aus unse­rem All­tags­trott aus­zu­bre­chen, der uns inner­lich oft schla­fen lässt …

In der nächs­ten Fol­ge wen­den wir uns mit der Gestalt des “Till Eulen­spie­gel” resp. “Thyl Ulen­spie­gel” der popu­lärs­ten Aus­prä­gung des Nar­ren zu, und dies wie immer am kom­men­den Sams­tag, den 1. Mai.

 

Der Salina Raurica-Krimi — Teil 8
Wochenrückblick

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