Da haben sie also ges­tern im Bas­ler Zol­li die Ylpen ins neue Gehe­ge gelas­sen und schon Samstag/Sonntag 18./19. März 2017 wird die neue Ylpen-Anla­ge »Tem­bea« gefei­ert. Nach mei­nem Sua­he­li-Wör­ter­buch bedeu­tet tem­bea (ku-) spa­zie­ren­ge­hen. Toll für alle Ylpen und die ande­ren Tie­re, die die­se Anla­ge bevöl­kern werden.

Ich habe bis jetzt immer von Ylpen gespro­chen. Für alle die es nicht wis­sen: Ylp ist basel­deutsch und heisst Ele­fant. Ein Scherz?

Da lern­te ich also — war es in Deutsch oder in Hei­mat­kun­de am Leh­rer­se­mi­nar? — die Bas­ler wür­den für Ele­fant auch Ylp sagen. Das sei aber eine rei­ne Erfin­dung eines Bas­ler Schrift­stel­lers. Und die­se Mei­nung ist weit verbreitet.

Doch lesen Sie selbst, was Mike Stoll auf der Web­site Base­l­insi­der 2011 schrieb:
»Doch wes­halb bezeich­nen nun die Bas­ler den Ele­fan­ten als Ylp und glau­ben allen Erns­tes, dass ‘Ylp’ tat­säch­lich ein rich­ti­ges Wort sei und eben ‘Ele­fant’ bedeu­te. Schlägt man die­ses Wort im Basel­deut­schen Wör­ter­buch nach, dann fin­det man die­sen Ein­trag auch. Nur Ylp ist kei­ner geläu­fi­gen Spra­che ein über­lie­fer­tes Wort. Weder stammt es, wie ger­ne erklärt wird, vom afri­ka­ni­schen Wort «elbi» oder gar vom alt­ägyp­ti­schen ‘3bw’, son­dern ist eine Wort­schöp­fung des Bas­ler Dich­ters Domi­nik Mül­ler, bürgl. Paul Schmitz (1871 – 1953). Die­ser Mund­art­ly­ri­ker war­te­te ger­ne auf der Pfalz auf sei­ne Muse und ver­trieb sich dabei die Zeit mit aller­lei Gedan­ken­spie­len. Dabei ent­deck­te er, dass, wenn er die Buch­sta­ben Y‑l-p in alter Frak­tur­schrift anein­an­der­reiht, das Bild eines Ele­fan­ten entsteht.

So ist abschlies­send fest­zu­hal­ten, dass der ‘Ylp’ zwar kein wirk­li­ches Wort ist, aber in Basel zumin­dest eine gelun­ge­ne Wort­schöp­fung mit ‘ele­fan­tas­ti­schem’ Bezug zur gros­sen Ver­gan­gen­heit unse­rer Stadt darstellt.«

Genau so sagt es auch die Web­site der Schu­le Ettingen.

Im Ver­lau­fe mei­ner Beschäf­ti­gun­gen mit Idio­ti­ka bin ich nun aber auf eine älte­re Ver­si­on die­ses Aus­drucks gestos­sen. Dies im Idio­ti­con Rau­ra­cum. Sie kön­nen es auf dem Titel­bild unten rechts lesen, wenn Sie die­se Schrift noch beherrschen:

Ÿlp (der,) Ele­fant. s. Ilpendrütsch

 

 

Und unter Ilpendrütsch:

Ilpen­drütsch, (der,) erz­plum­per Kerl. Von dem AS. Ylp, Ele­fant, und drutsch, schwärleibig …

Der Ylp war also dem Ver­fas­ser des Idio­ti­con Rau­ra­cum schon hun­dert Jah­re bevor Domi­nik Mül­ler gebo­ren wur­de bekannt. Das Idio­ti­con Rau­ra­cum wur­de aber vor 2014 nie gedruckt.

Aber vie­le ande­re Wör­ter­bü­cher ken­nen den Ylp:
Z.B. ein »Sprach­ver­glei­chen­des Wör­ter­buch der deut­schen Spra­che«,
Z.B. das »Ver­glei­chen­des ety­mo­lo­gi­sches Wör­ter­buch der got­hisch-teu­to­ni­schen Mund­ar­ten« von 1836 und
Z.B. die »All­ge­mei­ne Forst- und Jagd­zei­tung« von 1830.

Ylp ist also kei­ne lau­ni­ge Erfin­dung des Domi­nik Mül­ler. Aber viel­leicht fand er ja das Wort in einem der Bücher in der Uni-Biblio­thek? Viel­leicht stand das hand­schrift­li­che Ori­gi­nal des Idio­ti­con Rau­ra­cum in der Uni-Biblio­thek her­um? Schliess­lich stu­dier­te Domi­nik Mül­ler an der Uni Basel ja Germanistik.
Also nichts mit Muse und Frak­tur­schrift. Son­dern Cle­ver­ness und Gewusst­wo beim Erfin­den einer schö­nen Geschichte!

Aber trotz allen Ylpe­rei­en: Ver­ges­sen Sie den Besuch der neu­en Anla­ge im Zol­li nicht!

Quel­len:
Titel­bild: Sei­te 553 von Spreng, Johann Jakob: Idio­ti­con Rau­ra­cum oder Basel­deut­sches Wör­ter­buch, c. 1760. um 1760. Uni­ver­si­täts­bi­blio­thek Basel, AA I 3
Tran­skrip­ti­on: Idio­ti­con Rau­ra­cum, Johann Jakob Spreng, Basel­deut­sches Wör­ter­buch, 2014, Schwa­be AG, Basel, Schweiz

 

Mattiello am Mittwoch 4/11
Sprachlos

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