Im Bild eines meiner T‑Shirts, die ich öfter zum Laufen trage. Ich mag es gut, weil ich es grafisch sehr schön finde.
Das erste Mal geschah es vor dem Haus, ein netter Nachbar fragte mich, ob das etwas mit einer Guggenmusik zu tun habe. Zuerst war ich irritiert, er zeigte auf mein Shirt.
Ich klärte ihn auf, dass das NEGO und nicht NEGRO heisse.
Später wurde ich noch zweimal in diesem Sinne darauf angesprochen.
Alle hatten nicht gut genug gelesen. Sie vielleicht auch, als Sie das Titelbild so husch sahen?
Heute habe ich in der Zeitschrift DER SPIEGEL einen Satz gelesen, der mich veranlasst hat, diese Geschichte hier kurz zu schreiben:
Das T‑Shirt stellt eigentlich die Flagge des brasilianischen Staates Paraíba dar.
Links etwa ein Viertel schwarz, der Tod. Rechts der Rest rot, das Blut, das floss. Und weiss das Wort NEGO: Ich verweigere, ich lehne ab.
Das war nach der Geschichte das letzte Wort von João Pessoa, dem Gouverneur des Staates, der im Wahlkampf erschossen wurde. Nach ihm wurde dann auch die Hauptstadt, Município de João Pessoa, benannt.
Und nun der eigentliche Auslöser der Geschichte.
Er hat mit Mohrenköpfen, gestürzten Denkmälern, etc. zu tun
und stammt von Andreas Guibeb, dem Botschafter Namibias
(ehemals deutsche Kolonie) in Berlin:
Es ist besser, gemeinsam über eine Vergangenheit zu reden, als sie auszulöschen.
Christoph Meury
Jun 24, 2020
Die aktuelle Rassismus-Sensibilisierung in unseren Breitengraden wirkt sich teilweise ziemlich unbeholfen und tapsig aus. Nicht die Mohrenköpfe, oder T‑Shirt-Schriftzüge sind das Problem, sondern ein tiefverwurzelter Alltagsrassismus. Auch in der Schweiz. Und nicht, wie Viele meinen, nur im bösen Ausland. Auch in der Schweiz ist beispielsweise Racial Profiling ein echtes Problem.
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Als Racial Profiling (auch «ethnisches Profiling« genannt) bezeichnet man ein häufig auf Stereotypen und äußerlichen Merkmalen basierendes Agieren vonPolizei‑, Sicherheits‑, Einwanderungs- und Zollbeamten, nach dem eine Person anhand von Kriterien wie «Rasse«, ethnischer Zugehörigkeit, Religion oder nationaler Herkunft als verdächtig eingeschätzt wird und nicht anhand von konkreten Verdachtsmomenten gegen die Person.
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Auch wir sind Spezialisten in der Ausgrenzung. In Birsfelden sind rund 3’262 Menschen, also 31.1% der EinwohnerInnen vom aktiven Wahl- und Stimmrecht ausgeschlossen, weil sie «Ausländer« sind. Diese EinwohnerInnen übergehen wir bei Abstimmungen und Wahlen laufend. Sie sind allfällig mitgemeint, aber ihre Teilhabe am politischen Leben verweigern wir ihnen diskussionslos. D.h.: fast ein Drittel der Bevölkerung hat in unserer Kommune keine Stimme.
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Auch Basler Patrizierfamilien haben im 17. & 18. Jahrhundert im Sklavenhandel mitgemischt und daselbst tüchtig dazuverdient. Ein unrühmliches Kapitel welches vom Daig tunlichst unter dem Denkmantel der Verschwiegenheit behalten wird. Man gibt sich lieber altruistisch und glänze durch Mäzenatentum. «Insgesamt gehen die Forscher davon aus, dass sich die Familie Burckhardt während drei Jahrzehnten an 21 Sklavenhandelsexpeditionen beteiligten, die 7350 afrikanische Sklaven nach Amerika verschifften…« https://www.bzbasel.ch/basel/basel-stadt/wie-ein-basler-daigler-mit-sklaven-handelte-und-wie-seine-nachfahren-alles-vertuschen-wollten-138160581. Also auch bei uns stammt ein Teil des bürgerlichen Reichtums aus dem Sklavenhandel, ergo sind auch wir Teil des weltweiten Kolonialismus und daher für die Folgen mitverantwortlich.
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Daher: Es ist besser, gemeinsam über eine Vergangenheit zu reden, als sie auszulöschen.
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Zudem: Ein gerütteltes Mass an Selbstkritik und politischer Reflexion würde Herr & Frau Schweizer keinesfalls schaden.