Im September 1937 zogen die Huxleys eine Weile nach Los Angeles, weil Aldous hoffte, in Hollywood mit dem Schreiben von Drehbüchern Geld zu verdienen. Das war der erste Schritt in die dynamische und bunte Hollywood-Szene:
Über ihre alten Freunde Anita Loos und Charlie Chaplin machten sie sofort Bekanntschaft mit weiterer Hollywood-Prominenz. Besonders gut verstand sich Aldous mit Harpo Marx. Englischer Humor und amerikanische Empfindlichkeiten trafen allerdings eines champagnerfeuchten Abends unglücklich aufeinander, als Aldous Harpo vorschlug, Groucho, Chico und er sollten einen Film über die “echten Marx Brothers” machen: Marx, Engels und Bakunin. Harpo erwiderte etwas beunruhigt: “Solche Filme macht man hier nicht, Aldous.”
Huxley hatte gehofft, einen seiner Romane oder eine Geschichte verfilmen zu können, aber die Studios hatten dafür kein Gehör. Seinerseits hatte er trotz eines guten Honorarangebots nicht die geringste Lust, ein Drehbuch für Werke von John Galsworthy oder Somerset Maugham zu verfassen. Ein letzter Versuch, mit der eigens für Hollywood verfassten Satire “Success” auf den American Way of Life — Geld, Sex, Reklame und Gesundheitswahn — im Filmbusiness Fuss zu fassen, misslang ebenfalls. Immerhin erhielt er im Juli 1938 den Auftrag von MGM, ein Exposé für einen Film über das Leben von Marie Curie zu verfassen. Aber als der Film 1943 in die Kinos kam, war von Huxleys Beitrag nichts mehr zu sehen.
Wenn ihm in Hollywood der erträumte Erfolg nicht beschieden war, galt dies umso mehr für die vielen Begegnungen und neuen Freundschaften, die sich an den vielen Cocktail-Parties anbahnten. Die Liste der anregenden Bekanntschaften ist lang:
Orson Welles, Gary Cooper (“Zwölf Uhr mittags”!), Greta Garbo, Sergej Eisenstein, Arnold Schönberg, Christopher Isherwood, Hanns Eisler, Bertolt Brecht, Max Reinhardt, Thomas Mann …
Abgesehen davon, dass sich Hollywood in seinem “goldenen Zeitalter” in eine Art Athen verwandelt hatte, “dichtbesiedelt mit Künstlern wie Florenz zur Zeiten der Renaissance” …, wie ein Journalist der New York Times es beschrieb, blieben die Künstler nicht unter sich: Wissenschaftler, Ärzte und Intellektuelle aller Art mischten sich ins lebhafte Treiben. Schon im Spätsommer 1937 hatten die umtriebigen Huxleys Naturwissenschaftler, Literaten, Geisteswissenschaftler und Soziologen aller Couleur kennengelernt, der Herstellung eines Micky-Maus-Films beigewohnt, die einzige Chinchillafarm der Welt besucht, florierende Ranches mit Riesenschweinen, Orchideenfarmen, Ölfelder und, so Maria, “die beste und grösste Sammlung moderner französischer Malerei im Hause eines netten Verrückten” … gesehen.
Eine besonders anregende Freundschaft entwickelte sich zwischen den Ehepaaren Huxley und Grace und Edwin Hubble. Hubble hatte 1924 entdeckt, dass die Milchstrasse nicht das ganze Universum war, sondern nur eine unter zahllosen anderen Galaxien. Auch hatte er als erster nachweisen können, dass sich das Universum mit zunehmender Geschwindigkeit ausdehnt.
Edwin nahm die Huxleys und deren Freunde des Öfteren mit zu seinem Mount-Wilson-Teleskop. Durch Hubble erhielt Huxley die neuesten Forschungsergebnisse aus erster Hand, und er sah als einer der Ersten die Bilder vom neuen Fünfmeterspiegelteleskop im Palomar-Observatorium.
Wenn auch die filmische Satire “Success” ein Flop war, galt das nicht für seinen nächsten Roman “Nach vielen Sommern”, der im Oktober 1939 erschien. Darin nahm der Autor die Exzesse und grotesken Absurditäten der oberflächlichen amerikanischen Konsumgesellschaft aufs Korn. Wie gewohnt sind viele der Protagonisten von realen Personen inspiriert. Der philsophierende Mr. Propter hat Gerald Heard zum Vorbild, … der Zeitungsmagnat William Randolph Hearst — Vorbild für Orson Wells “Citizen Kane” — erscheint als Mr. Stoyte, und seine Geliebte, Marion Davies, als Miss Maunciple.
Und wie gehabt handelte er sich auch diesmal wieder Feindschaften von Leuten ein, die glaubten, sich im Roman wiederzuerkennen, und entsprechend pikiert waren.
Neben der herzlichen Freundschaft mit Hubble entwickelte sich eine weitere lebenslange Freundschaft mit einem Inder, der Jahre vorher in Europa Schlagzeilen gemacht hatte und indirekt für die Geburt der Anthroposophie Rudolf Steiners verantwortlich war. Dazu mehr in der nächsten Folge
wie immer am kommenden Samstag, den 17. Februar
An anderen Serien interessiert?
Wilhelm Tell / Ignaz Troxler / Heiner Koechlin / Simone Weil / Gustav Meyrink / Narrengeschichten / Bede Griffiths / Graf Cagliostro /Salina Raurica / Die Weltwoche und Donald Trump / Die Weltwoche und der Klimawandel / Die Weltwoche und der liebe Gott /Lebendige Birs / Aus meiner Fotoküche / Die Schweiz in Europa /Die Reichsidee /Vogesen / Aus meiner Bücherkiste / Ralph Waldo Emerson / Fritz Brupbacher / A Basic Call to Consciousness / Leonhard Ragaz / Christentum und Gnosis / Helvetia — quo vadis? / Aldous Huxley / Dle WW und die Katholische Kirche / Trump Dämmerung