Die Welt ist eine Illu­si­on, aber es ist eine Illu­si­on, die wir ernst neh­men müs­sen, denn sie ist real, soweit sie reicht, und zwar in den Aspek­ten der Rea­li­tät, die wir wahr­neh­men kön­nen. Unse­re Auf­ga­be ist es, auf­zu­wa­chen. Wir müs­sen Wege fin­den, um die gesam­te Rea­li­tät in dem einen illu­so­ri­schen Teil zu erken­nen, den unser ego­zen­tri­sches Bewusst­sein uns zu sehen erlaubt. Wir dür­fen nicht gedan­ken­los leben und unse­re Illu­si­on für die voll­stän­di­ge Rea­li­tät hal­ten, aber gleich­zei­tig dür­fen wir auch nicht zu gedan­ken­voll leben in dem Sin­ne, dass wir ver­su­chen, dem Traum­zu­stand zu entkommen.
Wir müs­sen stän­dig nach Mög­lich­kei­ten Aus­schau hal­ten, wie wir unser Bewusst­sein erwei­tern kön­nen. Wir dür­fen nicht ver­su­chen, außer­halb der Welt zu leben, die uns gege­ben ist, son­dern wir müs­sen irgend­wie ler­nen, sie zu trans­for­mie­ren und zu ver­klä­ren. Zu viel “Weis­heit” ist genau­so schlecht wie zu wenig Weis­heit, und es darf kei­ne Zau­ber­tricks geben. Wir müs­sen ler­nen, ohne den Zau­ber­stab und das Buch der Wor­te zur Wirk­lich­keit zu gelan­gen. Man muss einen Weg fin­den, in die­ser Welt zu sein, ohne von ihr zu sein. Einen Weg, in der Zeit zu leben, ohne von der Zeit völ­lig ver­schlun­gen zu werden.
Aldous Hux­ley auf dem Toten­bett fünf Tage vor sei­nem Tod am 22. Novem­ber 1963

Bra­ve New World /Schöne neue Welt”, “The Peren­ni­al Phi­lo­so­phy / Die ewi­ge Philosophie:Philosophia Peren­nis”, “The Doors of Per­cep­ti­on / Die Pfor­ten der Wahr­neh­mung”,  heis­sen die Wer­ke, mit denen Hux­ley heu­te einer brei­te­ren Öffent­lich­keit meist in Erin­ne­rung geblie­ben ist. Das ist wenig ange­sichts der fünf­zig Bücher, die er im Lau­fe sei­nes Lebens ver­öf­fent­lich­te, davon eini­ge weni­ge Roma­ne. Und es ist scha­de, denn der Phi­lo­soph, Künst­ler und Schrift­stel­ler Hux­ley, oft als “das letz­te Uni­ver­sal­ge­nie” bezeich­net, — sei­ne Pri­vat­bi­blio­thek umfass­te 4000 Wer­ke, die sich gegen Ende sei­nes Lebens wegen einer Brand­ka­ta­stro­phe in Rauch und Asche auf­lös­ten — könn­te gera­de heu­te mehr denn je mit sei­nen Ein­sich­ten und Fra­ge­stel­lun­gen wich­ti­ge Impul­se set­zen. Klei­ne Anek­do­te: Als er von einem Repor­ter gefragt wur­de, was er denn jetzt nach der tota­len Zer­stö­rung sei­nes Heims in Hol­ly­wood, sei­nes gan­zen Hab und Guts, all sei­ner Bücher und Brief­wech­sel mit Aber­dut­zen­den berühm­ter Zeit­ge­nos­sin­nen und ‑genos­sen tun wür­de, ant­wor­te­te er: Ich geh mir eine Zahn­bürs­te kaufen.

Kei­nes unse­rer drän­gen­den öko­lo­gi­schen, wirt­schaft­li­chen, sozia­len oder ethi­schen Pro­ble­me ist  in Iso­la­ti­on zu lösen: weder Migran­ten- und Flücht­lings­strö­me, Ban­ken­kri­sen oder Res­sour­cen­knapp­heit und Eng­päs­se in der Ener­gie­ver­sor­gung noch der Kli­ma­wan­del mit sei­nen Fol­gen oder tota­li­tä­re Regimes, zuneh­men­de poli­ti­sche Radi­ka­li­sie­rung und Kor­rup­ti­on. Hun­dert Jah­re nach der Grün­dung der Wei­ma­rer Repu­blik und der Geburts­stun­de moder­ner Demo­kra­tien haben die libe­ra­len Gesell­schaf­ten weder die demo­kra­tie­schä­di­gen­de Eigen­ge­setz­lich­keit der soge­nann­ten frei­en Markt­wirt­schaft unter Kon­trol­le bekom­men oder der gross­flä­chi­gen Umwelt­zer­stö­rung Ein­halt gebie­ten noch die Demo­kra­tie selbst über­le­bens­fä­hig machen kön­nen. Hux­ley hat vor die­sen Ten­den­zen, die sich nach sei­nem Tod unge­zü­gelt wei­ter­ent­wi­ckelt haben, gewarnt, er hat sie doku­men­tiert, ana­ly­siert und Rezep­te zur ihrer Bekämp­fung entwickelt …,
schrei­ben Uwe Rasch und Ger­hard Wag­ner, die bei­den Autoren der ein­zi­gen deutsch­spra­chi­gen Bio­gra­phie über Aldous Hux­ley. Und sie war­nen zugleich:
In intel­lek­tu­el­ler oder phi­lo­so­phi­scher Hin­sicht ist Hux­leys Kost für die Gegen­wart so unge­wohnt wie für sei­ne Zeit. Neben eng­lisch-ame­ri­ka­ni­schem Prag­ma­tis­mus ver­bin­den sich dar­in unter ande­rem Ideen alter­na­ti­ver Päd­ago­gik und Psy­cho­lo­gie mit fern­öst­li­chen Leh­ren und christ­li­chem Mystizismus. (…)
Abge­se­hen davon, dass sei­ne Über­le­gun­gen wie ein fri­scher Wind durch die Gegen­wart bla­sen wür­den, gibt es reich­lich wei­te­re gute Grün­de, sich aus­führ­lich mit Hux­leys Den­ken, sei­ner Lite­ra­tur, sei­nen Essays und Vor­trä­gen zu beschäftigen. 

Das kann der birsfaelder.li-Schreiberling selbst­ver­ständ­lich nicht tun. Aber viel­leicht regen ja die kom­men­den Fol­gen die einen oder andern Leserinnen/Lesern an, sel­ber zu einem Werk Hux­leys zu greifen.

Aldous Hux­ley wur­de in eine renom­mier­te eng­li­sche “upper-midd­le-class” Fami­lie gebo­ren. Renom­miert des­halb, weil sein Gross­va­ter väter­li­cher­seits nie­mand anders war als Tho­mas Hen­ry Hux­ley, berühm­ter Bio­lo­ge und ein­fluss­rei­cher Unter­stüt­zer und Ver­fech­ter von Charles Dar­wins The­sen, was ihm den Spitz­na­men “Darwin’s Bull­dog” ein­brach­te. Es war selbst­ver­ständ­lich, dass sein 1894 gebo­re­ner Enkel Aldous sich in Eton und Oxford eben­falls sei­ne aka­de­mi­schen Wei­hen holen wür­de. Tat­säch­lich fass­te Aldous eine Kar­rie­re in Medi­zin oder Bio­lo­gie in Auge, doch drei Schick­sals­schlä­ge, die sein gan­zes Leben prä­gen wür­den, führ­ten ihn in eine ande­re Richtung.

Dazu mehr am kom­men­den Sams­tag, den 19. August.

Der birsfaelder.li-Schreiberling wird sich bei sei­nen Aus­füh­run­gen neben der erwähn­ten Bio­gra­fie in Deutsch vor allem auf die klas­si­sche und umfang­rei­che Bio­gra­fie der engen Freun­din Hux­leys Sybil­le Bed­fordAldous Hux­ley. A Bio­gra­phy” und auf “Aldous Hux­ley. An Eng­lish Intel­lec­tu­al” von Nicho­las Mur­ray stützen.

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