Heute ist ein solch­es Ver­ständ­nis der Schöp­fung in unserem west­lichen Kul­turkreis exo­tisch, um es etwas vor­sichtig auszu­drück­en, schrieb der birsfälder.li-Schreiberling in der let­zten Folge zum Welt­bild von John Mohawk: dass näm­lich hin­ter der materiellen Welt eine geistige ste­he, welche die materielle Welt erst hervorbringe.

Diese Aus­sage bedarf ein­er teil­weisen Kor­rek­tur. Es gibt im west­lich-aufgek­lärten Kul­turkreis dur­chaus Grup­pen oder Per­sön­lichkeit­en, die ein ähn­lich­es Bild der Natur, wie es Mohawk zeich­net, vertreten, — auch wenn sie ausser­halb des gesellschaftlichen und wis­senschaftlichen Main­streams ste­hen. Vielle­icht lohnt es sich, einen Blick auf einige wenige Beispiele  zu wer­fen, bevor wir zu John Mohawk zurückkehren.

Da wäre an erster Stelle zu nen­nen die in der Regio Basilien­sis gut ver­ankerte Anthro­poso­phie. Rudolf Stein­er hat regelmäs­sig über  “Ele­men­tar­we­sen” referiert, die unmit­tel­bar in der Natur lebendig gestal­tend wirk­enden Werk­meis­ter. Auch die anthro­posophis­che biol­o­gisch-bio­dy­namis­che Land­wirtschaft baut auf der Erken­nt­nis auf, dass in der Natur sub­tile Kräfte, Rhyth­men und Geset­zmäs­sigkeit­en wirk­sam sind. Aus ein­er demeter-Website:
Der Leben­sraum der Land­wirtschaft erstreckt sich von der Wurzeltiefe unter der Erde bis über die Sonne hin­aus in den plan­e­tarischen Raum. 
Die Erde besitzt ihre eige­nen Rhyth­men. Allein die Drehung der Erde um die eigene Achse inner­halb von 24 Stun­den ist wie ein Puls, der im Wech­sel von Tag und Nacht erleb­bar wird. Aber auch die Jahreszeit­en, die von der Sonne bes­timmt wer­den, der Mond und sein Auf- bzw. Absteigen auf der Mond­bahn und die Plan­eten­stel­lun­gen aus geozen­trisch­er Sicht sind Fak­toren, die an der Pflanzen­bil­dung beteiligt sind und von den Produzent*innen bei der Pflege von Pflanzen berück­sichtigt wer­den können.

Ein weit­eres Beispiel ist die in den 60-er Jahren gegrün­dete und noch heute existierende Find­horn-Foun­da­tion in Nord­schot­t­land, die vor allem in den 70er- und 80er-Jahren mit ihrer Mit­teilung Schlagzeilen machte, sie wür­den bei ihren land­wirtschaftlichen Pro­jek­ten direkt mit Natur­we­sen zusam­me­nar­beit­en, — oft mit spek­takulären Resul­tat­en. Auf Youtube ist — auf Englisch — ein inter­es­san­ter Film über Find­horn zu sehen.

Was aber hal­ten uni­ver­sitär aus­ge­bildete Biolo­gen von solchen Ansicht­en und Geschichten?
In der Regel gar nichts, — mit ein­er spek­takulären Aus­nahme: Der englis­che Biologe Rupert Shel­drake sorgte in den 80-er Jahren mit sein­er These der sog. mor­pho­genetis­chen oder mor­phis­chen Felder für Aufruhr in der akademis­chen Welt.
Die Hypothese eines mor­phis­chen Feldes dient als Erk­lärungsmod­ell für das genaue Ausse­hen eines Lebe­we­sens (als Teil sein­er Epi­genetik) und sollte am Ver­hal­ten und der Koor­di­na­tion mit anderen Wesen beteiligt sein. Dieses mor­phis­che Feld soll eine Kraft zur Ver­fü­gung stellen, welche die Entwick­lung eines Organ­is­mus steuert, sodass er eine Form annimmt, die anderen Exem­plaren sein­er Spezies ähnelt. Ein Rück­kop­pelungsmech­a­nis­mus namens mor­phis­che Res­o­nanz soll sowohl zu Verän­derun­gen an diesem Muster führen, als auch erk­lären, warum etwa Men­schen während ihrer Entwick­lung die spez­i­fis­che Form ihrer Art annehmen. (aus Wikipedia: Mor­phis­ches Feld).

Seine Hypothese entwick­elte er 1981 im Buch “A New Sci­ence of Life”, auf deutsch: “Das schöpferische Uni­ver­sum. Die The­o­rie des mor­pho­genetis­chen Feldes”. Für die akademis­che Welt war Shel­drake schon allein deshalb nicht glaub­haft, weil er das Buch in Indi­en im Ashram des Benedik­tin­ers Bede Grif­fiths geschrieben hat­te. (Zu Grif­fiths siehe die birsfaelder.li-Serie)

Dazu kam, dass er sich mit para­psy­chol­o­gis­chen Phänome­nen auseinan­der­set­zte (“Der siebte Sinn der Tiere”) und — hor­ri­bile dic­tu — zusam­men mit dem Dominikan­er Matthew Fox  das Buch “The Physics of Angels”, auf deutsch: “Engel: die kos­mis­che Intel­li­genzver­fasste. Es passt zusam­men, dass Fox sein­er­seits mit sein­er “Schöp­fungs­the­olo­gie” auf Befehl von Kar­di­nal Ratzinger, dem kür­zlich ver­stor­be­nen Papst Paul VI., 1992 aus dem Dominikaneror­den aus­geschlossen wurde.

Angesichts der mul­ti­plen Krisen, in die sich unsere Gesellschaft mehr und mehr hinein­manövri­ert, lohnt es vielle­icht, sich an das Zitat Shake­spear­es in seinem “Ham­let” zu erin­nern: Es gibt Dinge zwis­chen Him­mel und Erde, Hor­a­tio, von denen sich eure Schul­weisheit nichts träu­men lässt. Vielle­icht müssen wir die Scheuk­lap­pen davor able­gen, dass unsere materielle Exis­tenz beileibe nicht die einzig mögliche ist.

Genau dies lehrt die Kab­bala, die mys­tis­che Lehre des Juden­tums, seit Hun­derten von Jahren. In ihrer Sicht ist das materielle Uni­ver­sum ger­ade mal das let­zte Glied ein­er unfass­bar grossar­ti­gen Schöp­fung mit vie­len spir­ituellen Ebe­nen über uns, ihrer­seits bevölk­ert von Myr­i­aden von Wesen. Ihr Schöp­fungs­bild hat Aus­druck im Sym­bol des Sephi­rot-Lebens­baums gefun­den. Engel und Erzen­gel wären in den let­zten bei­den Sephi­roth, Hod (Glanz, Majestät) und Jesod (Fun­da­ment) vor Malkuth (dem Reich) beheimatet.

Nach diesem kleinen Exkurs kehren wir in der näch­sten Folge wie angekündigt zu John Mohawk zurück, und dies wie immer am kom­menden Don­ner­stag, den 25. Jan­u­ar.

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